Alltagspsychologie vs. Professionelle Hilfe

„Es reicht doch völlig aus, wenn man gute Freunde hat, weil: dann braucht man keinen psychologischen Berater oder so“ – diese und ähnliche Bemerkungen hört man immer wieder, wenn jemand im eigenen sozialen Umfeld laut darüber nachdenkt, ob er nicht zum Psychologen müsse.

Alltagspsychologie hat durchaus einen Daseinszweck

Die Menschheit hätte die Evolution nicht in der Form überstanden, wenn es nicht die Alltagspsychologie gäbe. Nur damals hatte der Vorgang noch keinen Namen, wenn Jäger mit Blicken kommunizierten, wenn sie ein anderes Lebewesen (egal, ob Mensch oder Tier) erlegen wollten. Heute heißt das nonverbale Kommunikation. Früher zählte es noch zu einem Bestandteil der Instinkte.

Den Job der Psychologischen Beratung oder –Behandlung übernahm erst die Natur in Form von psychotropen Substanzen und dann die Götter. Bis dann irgendein findiges Menschenkind darauf kam, so etwas nicht nur als Dienstleistung ohne Kenntnis der Zusammenhänge oder gar wissenschaftlicher Substanz anzubieten, sondern auch noch in dem Sinne zu beraten, der ihn und seinesgleichen noch mehr bereicherte. Die Institutionen des Glaubens waren damit geboren.

41KSM2BwrLL._AC_SR98,95_So oder ähnlich lief der Vorgang –stark vereinfacht beschrieben- ab. Für nähere Informationen über die Geschichte der Psychologie hält der Buchhandel sehr gutes Material bereit, wie zum Beispiel „Meilensteine der Psychologie“ von Galliker, Klein und Rykart oder „Geschichte der Psychologie: Strömungen, Schulungen und Entwicklungen“ von Lück.

 

Professionelle Hilfe muss eben doch manchmal sein

„Boah, du wirst echt immer fetter… ist ja eklig“. Diese Art von Bemerkungen der Dame des Hauses zu ihrem Göttergatten (oder des Ehemanns zu seiner Frau) sind selbstverständlich kontraproduktiv. In dem Moment könnte der Mann, um beim Eingangsbeispiel zu bleiben, sich erst recht einmal mehr auf die Couch knallen und den Fernseher nicht mehr aus dem Blick lassen. Die zweite Variante wäre, seinen Frust über die fiese Bemerkung mittels eines Spaziergangs zu kompensieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich mal im Freundeskreis umzuschauen nach einem Freund, der öfter in seiner Freizeit radelt oder einen Waldlauf macht (neudeutsch: joggt), und sich diesem anzuschließen. Und wenn eben keine Freunde vorhanden sind, kommt der Coach (gesprochen: Kohtsch, in den passenden deutschen Begriff übersetzt: Unterstützer/Berater) ins Spiel.

Ähnlich verhält es sich in anderen Lebensbereichen, z.B. mit dem Rauchen aufhören, gesünder essen…, kurz und gut: den inneren Schweinehund überwinden, die berühmt-berüchtigte Prokrastination (das scheint übrigens momentan ein Modewort geworden zu sein, mit dessen Kenntnis und richtiger Aussprache man gut imponieren kann).

Hier überschneidet sich bereits die Alltagspsychologie mit der professionellen Hilfe. So bieten die Krankenkassen für kleines Geld gute Seminare für obige Beispiele und mehr an.

Die Psychologie als junge Wissenschaft hat bereits Beachtliches geleistet in Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaften: In immer mehr Fällen –zumindest in unserer so genannten zivilisierten Welt- handelt es sich eben nicht mehr um „ein paar Kilo Winterspeck“, sondern tatsächlich um Adipositas, eine Krankheit, bei der gesundheitliche Schäden das Abnehmen in ärztlicher Begleitung unabdingbar ist – und im optimalen Fall gehört ein Psychologe mit zum Programm, um die Ursachen der Fresssucht gemeinsam mit dem Patienten zu bearbeiten.

Weniger offensichtlich sind zum Beispiel Wahn-Erkrankungen. Ist die Eifersucht noch typische Eifersucht oder handelt es sich hier um einen Wahn? Wichtige Kriterien bemerken oft auch Laien, ohne zu wissen, dass es sich dabei tatsächlich um Signale handelt, die dafür sprechen, eben doch einmal fachlichen Rat zu holen: Sozialer Rückzug könnte ein wichtiges Indiz sein oder mangelnde Krankheitseinsicht.

Keine Scheu vor dem Weg zu Allgemeinmedizinern und Psychologen oder -wenn es einfach nur um eine erste Orientierung geht, für die man nicht ewig auf einen Termin warten möchte – man konsultiert Heilpraktiker für Psychotherapie oder Psychologische Berater. Das ist  insbesondere dann wichtig, wenn das soziale Umfeld (meist die Familie) im Laufe der Zeit mit beispielsweise einer Suchterkrankung umgehen gelernt und sich der psychischen Erkrankung unterordnet statt sie in den Griff zu bekommen, um es mal salopp zu formulieren. Was hierbei unbedingt beachtet werden muss: seriöse Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologische Berater geben außenstehenden Ratsuchenden eine erste Hilfe in Form von Angehörigenberatung o.ä., verweisen diese jedoch im Rahmen dieses Gesprächs garantiert an einen Arzt zur Abklärung körperlicher Aspekte des direkt Betroffenen!

Priorität „Neues Auto kaufen“ oder „Gesundheit“

So wie ein gesundes und starkes soziales Umfeld eine wichtige Rolle bei der Erkennung und Behandlung insbesondere psychischer Erkrankungen spielt, verhält es sich auch mit der Erkältung. Es reicht manchmal doch nicht, viel Zitrone und Zwieback im Haus zu haben. Wenn die Erkältung in Wahrheit eine Grippe ist, muss nun mal zum Rat des Fachmanns und im schlimmsten Falle zur chemischen Keule gegriffen werden.

Deshalb sollte hier und da doch der Weg zum Arzt des Vertrauens stattfinden – selbst wenn es sich „nur ums Kopfinnere handelt“. Der untersucht, überweist und gibt meist die richtigen Ratschläge – und auf dieser Grundlage lässt sich dann schon ganz anders umgehen mit dem schmalen Grat zwischen Alltagspsychologie und professioneller Hilfe.

Katrin Asmuss

 

Ein Gedanke zu „Alltagspsychologie vs. Professionelle Hilfe

  1. Liebe Katrin… Ich danke dir auf diesem Weg für unsere intensiven Gesprächsstunden. Ich fühle mich mit allen Schwierigkeiten des Alltags, sowohl mit den psychischen, wie auch mit den eher praktischen, gut bei dir aufgehoben. Manchmal brauch es eben jemand der einen aufs Taschentuch hinweist wenn die Nase voll ist 😉

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