Der vermeintliche Paradigmen-Wechsel

von Katrin Asmuss

So wie in der realen Welt hat auch hier alles einige Zeit brach gelegen oder lief schleppend. In der Zwischenzeit ist viel passiert, in das ich von Anfang an viel Hoffnung gesetzt hatte. Jawohl, trotz Corona, trotz Krieg in Europa. Doch was ist aus all diesen Chancen geworden, die sich -resultierend aus allem Übel- geboten hatten?

Die Pandemie

Die eine Pandemie kennen wir zur Genüge. Völlig neue Gewohnheiten wurden etabliert zur gegenseitigen Rücksichtnahme und aus Gründen des Gesundheitsschutzes. Die meisten Menschen weltweit hatten damit kein Problem, egal ob es sich um Impfungen oder die Maskenpflicht gehandelt hat. Es geht um das große Ganze -also ganzheitliches Denken- und das soziale Miteinander. Bei einigen Leuten jedoch brach sich offenbar etwas bahn, was wohl schon länger in ihnen geschlummert hatte. Und was in ihrem sozialen Umfeld auf Irritationen stieß, da sie bis dahin als ganz verträgliche und umgängliche Menschen galten. Das kennt man sonst nur aus effektheischenden TV-Serien. Diese Unsicherheit wurde nur sehr unzureichend abgefangen, soziale Unruhe ist eingekehrt. Kostenlose Corona-Tests, um nur ein Beispiel zu nennen, sind eben nicht der Weisheit letzter Schluss. Das war wohl der Beginn eines Paradigmen-Wechsels, der bis heute im Gange ist.

Der Wert der Gesundheit

Der Wert der Gesundheit trat plötzlich in den Vordergrund, besonders die Bedeutung des psychischen Wohlbefindens. Die Isolation hat viele Menschen wieder sich selbst begegnen lassen. Der Achtsamkeits-Bewegung wurde ein zusätzlicher Schub verliehen, zum Beispiel der Meditation. Auch Unternehmen wurden diesbezüglich lauter in den einschlägigen Internet-Foren und deren Verantwortliche fachsimpelten quasi um die Wette, was zu tun ist für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen. Betriebliches Gesundheitsmanagement ist zu einem großen Schlagwort geworden und beinhaltet jetzt wohl mehr Angebote im Vergleich zu den Zeiten vor der Pandemie. Doch wenn man genau hinschaut, ist sehr wenig passiert.

Der neue Stress

Nicht allein die Gastronomie oder der Pflegebereich sind gebeutelte Branchen, bei denen nicht wirklich eine Verbesserung eingetreten ist. Die gestiegenen Betriebskosten durch die Energiekrise tun ihr Übriges. Welche Firma bietet denn im Rahmen der Arbeitszeit Entlastungsgespräche an, die vertraulich bleiben dürfen? Wo sind all die gesundheitlichen Hilfen für die Mitarbeiter:innen? Während die als Führungskräfte verantwortlichen Menschen sich in Zwangsaktivismus, Theoretisieren und Ausreden ergehen, schmieren diejenigen, die die Firmen am Laufen halten, langsam und allmählich immer weiter ab. Klar, muss eine Firma profitabel sein, weil es sie sonst bald nicht mehr gibt. Doch über die Änderung von Strukturen nur zu reden, bringt wenig bis nichts. Die Lage wird sogar verschlimmert, wenn durch meist passiv-aggressiven Führungsstil die Menschen z.B. bei gleichem Verdienst mehr Arbeit leisten müssen. Das läuft über ganz banal klingende Schienen wie: zusätzlich das Büro reinigen, weil am Reinigungsdienst gespart wird, mal eben Büromaterial bezahlen, mal eben auf dem Arbeitsweg die Post direkt beim Kunden zustellen, mal eben zusätzliche Aufgabenbereiche übernehmen für den gerade gekündigten Kollegen, für den kein Nachfolger eingestellt wird usw. Was dabei vergessen wird: Es sind häufig die Kleinigkeiten, die das Fass zum Überlaufen bringen.

Die nötige Kompensation

Durch diese veränderte Arbeitswelt, die hehre Ziele formuliert und oftmals gegenteilig handelt, entstehen noch mehr gesundheitliche Störungen oder wirken als Verstärker auf bereits bestehende Krankheiten – egal, ob diese rein diagnostisch gesehen physischer oder psychischer Natur sind. Für die nötige Verarbeitung der Lastenverteilung von oben nach unten benötigen diejenigen, bei denen der Druck schlussendlich ankommt, sogar zusätzliche statt der bisher gewohnten Kompensationsmöglichkeiten. Die es nicht oder nur im sehr unzureichenden Maße gibt. Und dabei ist es unerheblich, ob es an zeitlichen oder finanziellen Ressourcen fehlt.

Das Gegensteuern

Ich möchte diese Seite wiederbeleben, nachdem ich mich habe aus einer Branche verabschieden lassen, die gesundheitsschädigend für die sozial Engagierten wie mich sind, die sich trotz allen Widrigkeiten ihre Resilienz bewahren wollen und müssen – mit mal mehr und mal weniger Erfolg.

Derzeit schaue ich mich nach einer sinnstiftenden, aber nicht mich selbst verletzenden Stelle um, in der ich weiter mein Fachwissen einbringen kann und jeden Morgen gern zur Arbeit gehe.

Während ich das tue, werde ich hier meine und anderer Menschen Erfahrungen, Auswege, Achtsamkeitsstrategien und vieles andere mit diesen Themen Verbundene publizieren. Selbstverständlich freue ich mich über Kommentare und/oder Menschen, die sich und ihre Geschichte und im günstigsten Falle sogar Lösungsstrategien vorstellen.

Foto: pixabay

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„Voll schizo, wa?!“

Wenn etwas „Voll schizo, wa?!“ ist, meint der Mensch, über dessen Lippen diese Bewertung kommt, dass eine andere Person offenbar nicht so recht weiß, was sie will oder sogar ganz gegenteilige, in sich nicht schlüssige Gedanken äußert oder Handlungen an den Tag legt. Und genau diese weit verbreitete Meinung ist falsch.

Multiple Persönlichkeit

Um es fachlich korrekt und dennoch allgemein verständlich zu sagen: Schizophren ist nicht das, was es zu sein scheint. Es handelt sich bei diesem berühmten „Switch“, dem Wechsel von einer Persönlichkeit zur nächsten (oder sogar mehreren) bei ein und demselben Menschen um das Krankheitsbild der dissoziativen Störung, auch Konversionsstörung genannt – präziser: Multiple Persönlichkeit. Die Faszination dieser Störung beruht wohl nicht zuletzt darin, dass jeder Mensch sich in seinem Leben einmal hin- und hergerissen fühlt, wenn es um emotionale, berufliche oder sonstige Entscheidungen geht. Oder auch, wenn mancher denkt, er wäre lieber netter zu seinem sozialen Umfeld oder -im Gegenteil- gemeiner, weil er sich ungerecht behandelt fühlt.

Edward Norton als Aaron Stampler

Wohl eine der brillantesten Darstellungen dieses Phänomens findet man in dem Film „Zwielicht“ mit Edward Norton, der dafür unter anderem den Golden Globe als bester Nebendarsteller abräumte. Kein Wunder, dass Norton mit dieser seiner ersten großen Rolle den Ruhm für eine große Schauspiel-Karriere begründete – vielen ist er sicherlich bekannt aus „American History X“. Edward Norton empfahl sich mit dieser einen Rolle zukünftigen Auftraggebern aufs Beste, weil er als schüchterner Messdiener Aaron Stampler, der immer wieder unvermittelt zum selbstbewußten Roy wird, die komplette Bandbreite seines schauspielerischen Könnens darbieten konnte – der Faszination einer dissoziativen Störung sei dank.

Hintergrund der dissoziativen Störungen

So reizvoll diese Störung für Kreative der unterschiedlichsten Genres ist – diejenigen, die davon im Krankheitssinne betroffen sind, leiden oftmals seit Jahren darunter und/oder sind sehr allein mit ihrem Leiden. Das Wort „Konversion“ heißt, dass ein Prozess umgewandelt wird. Im Hinblick auf psychische Krankheiten bedeutet das: Ein seelischer Konflikt wird vom normalen Erleben abgespalten und äußert sich oft in körperlichen Symptomen, für die sich keine organischen Ursachen finden lassen. Bekannteste Beispiele sind Amnesien nach einem Unfall oder auch Lähmungen (Dissoziative Bewegungsstörung), um nur einige zu nennen.

Multiple Persönlichkeit ist umstritten

Unter F44.8 ist die Multiple Persönlichkeit zwar aufgeführt in der ICD (International Classification of Diseases), der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen Systematik für psychische Krankheiten – dennoch besteht noch kein grundlegender Konsens betreffend die Existenz dieser Störung. Wahrscheinlich liegt der Grund in dem sehr seltenen Auftreten der multiplen Persönlichkeit und der Schwierigkeit, diese Störung zu diagnostizieren.

 

Katrin Asmuß -Heilpraktikerin für Psychotherapie-