Wenn etwas „Voll schizo, wa?!“ ist, meint der Mensch, über dessen Lippen diese Bewertung kommt, dass eine andere Person offenbar nicht so recht weiß, was sie will oder sogar ganz gegenteilige, in sich nicht schlüssige Gedanken äußert oder Handlungen an den Tag legt. Und genau diese weit verbreitete Meinung ist falsch.
Multiple Persönlichkeit
Um es fachlich korrekt und dennoch allgemein verständlich zu sagen: Schizophren ist nicht das, was es zu sein scheint. Es handelt sich bei diesem berühmten „Switch“, dem Wechsel von einer Persönlichkeit zur nächsten (oder sogar mehreren) bei ein und demselben Menschen um das Krankheitsbild der dissoziativen Störung, auch Konversionsstörung genannt – präziser: Multiple Persönlichkeit. Die Faszination dieser Störung beruht wohl nicht zuletzt darin, dass jeder Mensch sich in seinem Leben einmal hin- und hergerissen fühlt, wenn es um emotionale, berufliche oder sonstige Entscheidungen geht. Oder auch, wenn mancher denkt, er wäre lieber netter zu seinem sozialen Umfeld oder -im Gegenteil- gemeiner, weil er sich ungerecht behandelt fühlt.
Edward Norton als Aaron Stampler
Wohl eine der brillantesten Darstellungen dieses Phänomens findet man in dem Film „Zwielicht“ mit Edward Norton, der dafür unter anderem den Golden Globe als bester Nebendarsteller abräumte. Kein Wunder, dass Norton mit dieser seiner ersten großen Rolle den Ruhm für eine große Schauspiel-Karriere begründete – vielen ist er sicherlich bekannt aus „American History X“. Edward Norton empfahl sich mit dieser einen Rolle zukünftigen Auftraggebern aufs Beste, weil er als schüchterner Messdiener Aaron Stampler, der immer wieder unvermittelt zum selbstbewußten Roy wird, die komplette Bandbreite seines schauspielerischen Könnens darbieten konnte – der Faszination einer dissoziativen Störung sei dank.
Hintergrund der dissoziativen Störungen
So reizvoll diese Störung für Kreative der unterschiedlichsten Genres ist – diejenigen, die davon im Krankheitssinne betroffen sind, leiden oftmals seit Jahren darunter und/oder sind sehr allein mit ihrem Leiden. Das Wort „Konversion“ heißt, dass ein Prozess umgewandelt wird. Im Hinblick auf psychische Krankheiten bedeutet das: Ein seelischer Konflikt wird vom normalen Erleben abgespalten und äußert sich oft in körperlichen Symptomen, für die sich keine organischen Ursachen finden lassen. Bekannteste Beispiele sind Amnesien nach einem Unfall oder auch Lähmungen (Dissoziative Bewegungsstörung), um nur einige zu nennen.
Multiple Persönlichkeit ist umstritten
Unter F44.8 ist die Multiple Persönlichkeit zwar aufgeführt in der ICD (International Classification of Diseases), der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen Systematik für psychische Krankheiten – dennoch besteht noch kein grundlegender Konsens betreffend die Existenz dieser Störung. Wahrscheinlich liegt der Grund in dem sehr seltenen Auftreten der multiplen Persönlichkeit und der Schwierigkeit, diese Störung zu diagnostizieren.
Katrin Asmuß -Heilpraktikerin für Psychotherapie-